»Aufstieg fest ins Auge gefasst«
Jürgen Koch, Vorsitzender des SSV Herlinghausen, über einen gelungenen Neuanfang und Ziele des Vereins
Herlinghausen (güs).
»Der Fußball soll sonntags wieder Mittelpunkt des örtlichen Lebens in Herlinghausen sein.«
Das ist für Jürgen Koch und seine Mitstreiter im SSV Herlinghausen ein Hauptziel. WESTFALEN-BLATT-Redakteur Günter Sarrazin sprach mit dem Vorsitzenden des Spiel- und Sportvereins, der in der Gruppe vier der Kreisliga C Herbstmeister geworden ist.
Herr Koch, welche Note würden Sie der Mannschaft des SSV Herlinghausen geben, wenn Sie Lehrer wären?
Jürgen Koch:
Ganz klar eine eins. Und das nicht nur, weil es sportlich besser läuft als erwartet, sondern weil alle Beteiligten – ob Spieler, Trainer, Vereinsführung und Anhänger – an einem Strang ziehen. Das zeigte sich bereits im Vorfeld der neuen Saison, als wir das letzte Kreispokalendspiel des alten Sportkreises Warburg ausrichten durften und alle mitgeholfen haben, um für alle Beteiligten einen würdigen Rahmen zu schaffen.
Der Neuanfang ist also bisher gut verlaufen?
Jürgen Koch:
Ja, das ist richtig. Für mich ist es sogar ein wenig überraschend, wie gut es angelaufen ist. Wenn man bedenkt, dass wir nach zwei Jahren die Spielgemeinschaft mit Uno Warburg aufgelöst haben und an sich bei Null angefangen sind, ist es umso erstaunlicher zu sehen, wo wir nach noch nicht einmal einem halben Jahr stehen. Alle Verantwortlichen hatten zwar mit einem guten, aber nicht mit einem solch positiven Start gerechnet. Umso mehr haben wir uns bei der Mannschaft und vor allem beim Trainer Gisbert Richter zu bedanken, die von Anfang an einen ganz klaren Weg eingeschlagen haben.
Aber auch unseren Zuschauern müssen wir vom Vorstand ein riesen Lob aussprechen: Sie unterstützen die Mannschaft enorm. Bei den Heimspielen haben wir im Schnitt 80 bis 100 Zuschauer, bei Auswärtsspielen fahren nicht selten mehr als 30 Anhänger mit. Unsere Gastgeber in der C-Liga Gruppe vier freuen sich schon, wenn wir anreisen.
Welche Hoffnungen und Erwartungen hatten Sie vor der Serie. Welche haben sich bislang bestätigt?
Jürgen Koch:
Nachdem sich die Mitglieder des SSV Herlinghausen gegen die Fortführung der Spielgemeinschaft ausgesprochen hatten, war es zunächst nicht klar, in welcher Art und Weise es bei uns weitergehen kann. Als sich dann Gisbert Richter bereit erklärte, die Leitung der Mannschaft zu übernehmen, hatten wir schon die Hoffnung, dass wir eigenständig etwas auf die Beine stellen können. Als er seine Arbeit aufnahm zeigte sich recht schnell, dass sich eine schlagfertige Mannschaft zusammenstellen lässt. Dann haben wir uns gemeinsam drei Ziele gesetzt: Erstens: Das Zusammenwachsen eines neuen Teams, das sich untereinander bestens versteht. Zweitens: Mit Spaß und Freude soll die Mannschaft wieder die Zuschauer in Herlinghausen begeistern und somit der Fußball am Sonntag wieder der Mittelpunkt des örtlichen Lebens in Herlinghausen sein. Drittens: Mittelfristig soll der B-Liga-Aufstieg erreicht werden.
Sind bereits Ziele erreicht?
Jürgen Koch:
Ja, die Mannschaft ist bereits zu einer homogenen Einheit gewachsen, die sich untereinander wirklich super versteht und die Zuschauer begeistert. Es ist wirklich schön, zu erleben, wie stark unsere Mannschaft innerhalb unseres Ortes angenommen wird. Den Aufstieg haben wir fest ins Auge gefasst.
Welche Rolle spielt Trainer Gisbert Richter?
Jürgen Koch:
Ohne ihn wäre das Projekt »Neuaufbau nach dem Abschied von der Spielgemeinschaft« wohl nicht zustande gekommen. Gisbert hat bei der Zusammenstellung des Teams darauf geachtet, dass die verschiedenen Charaktere zusammen passen und die Mannschaft relativ schnell zu einer echten Einheit geformt. Er war unser Wunschkandidat, den vor allem auch unsere arrivierten Spieler wie Alexander Neumann, Ronny.Dey und Jörg.Richter mit offenen Armen empfangen haben. Auch sind seinetwegen junge Spieler zum SSV gewechselt.
Aber nicht nur seine Arbeit als Trainer ist an dieser Stelle herauszustellen. Auch als zweiter Vorsitzender des örtlichen Schützenvereins ist Gisbert Richter bestrebt, das Miteinander in Herlinghausen zu fördern.
Welche langfristigen Ziele hat der SSV Herlinghausen?
Jürgen Koch:
Nach dem möglichen Aufstieg in die Kreisliga B, die durch die Zusammenlegung der Sportkreise Höxter und Warburg zu einem Sportkreis erheblich an Qualität gewinnen wird, wollen wir uns dort etablieren. Des weiteren möchten wir uns als interessante Adresse für junge Spieler präsentieren, um weiterhin mit Spaß und Freude Fußball in Herlinghausen zu erleben. Ein großes Ziel ist es überdies, in Zusammenarbeit mit anderen, ortsnahen Vereinen eine gemeinsame Jugendarbeit aufzubauen. Mit Vorfreude schauen wir bereits jetzt auf das 50-jährige Vereinsjubiläum im Jahr 2016.
Der SSV Herlinghausen hat seit einigen Jahren keine eigene Jugendmannschaft. Wie konkret sind nun die Pläne, mit Nachbarvereinen eine gemeinsame Jugendarbeit aufzubauen?
Jürgen Koch:
Wir sind schon seit mehr als einem Jahr in Gesprächen mit den Sportfreunden Calenberg, mit denen wir schon zu meiner Jugendzeit eine Jugendspielgemeinschaft hatten. Mit Calenbergs Vorsitzendem Matthias Kaiser habe ich einen sehr kompetenten Ansprechpartner. Konkret ist aber noch nichts.
Der SSV Herlinghausen ist längst kein reiner Fußballverein mehr. Mit Boule wird seit dem Jahr 2005 eine besondere Sportart angeboten.
Jürgen Koch:
Mit Boule gibt es bei uns ein Sportangebot, das im ganzen Kreis Höxter recht selten ist, aber doch auf Zustimmung stößt. Am 26. Dezember steigt unser neuntes Weihnachtsturnier. Im nächsten Jahr veranstalten wir dann bereits das zehnte Sommer-Boule-Turnier und das zehnte Weihnachts-Boule in Folge.
Wie kann das Interesse am Verein hochgehalten werden?
Jürgen Koch:
Der SSV Herlinghausen hat sich den Namen zum Programm gemacht. Spiel- und Sportverein heißt, dass man bestrebt sein muss, ein breites Sportangebot für die ganze Familie anzubieten. Mit unseren Breitensportangeboten wie Badminton, Frauen- und Kinderturnen ist dies gut gelungen und es ist unser Ansporn, dies fortzusetzen. Sich als kleiner Verein nur auf Fußball zu konzentrieren, ist aufgrund des demografischen Wandels sicherlich nicht der beste Weg.
Der SSV Herlinghausen im Kurzporträt
Der Spiel- und Sportverein Herlinghausen wurde im August 1966 gegründet. Im Laufe der Zeit wurden zwei Sportplätze erstellt (1974 der heutige Platz im Rautental) und ein Sportheim mit Versammlungsraum gebaut. »Das sind Arbeiten, die unseren Gründern und Vorgängern nicht hoch genug anzurechnen sind«, hebt Vorsitzender Jürgen Koch hervor.
Im Fußball wurde im Jahr 1968 eine Frauenmannschaft gegründet, die 1971 mangels Spielerinnen wieder zurückgezogen wurde. 1975 erfolgte die Gründung der Abteilung Frauengymnastik, 1994 wurde die Badminton-Abteilung ins Leben gerufen, ein Jahr später die Abteilung Kinderturnen.
Aus dem Jahr 1996 datieren der Bau der Flutlichtanlage am Sportplatz und die Gründung der Jazztanz-Abteilung. Weitere Abteilungen: seit 2005 Boule, seit 2006 Nordic Walking und seit 2008 Spielkreis. Aktuell hat der SSV Herlinghausen 250 Mitglieder (bei rund 460 Einwohnern). Als Verein aus einem kleinen Dorf hat der SSV schon in mehreren Spielgemeinschaften mit anderen Vereinen zusammengearbeitet, zum Beispiel in der Jugend in den 1970er Jahren mit der ETSG Germete und von 1980 bis 1984 mit den Sportfreunden Calenberg. Höhepunkt dieser Jugendspielgemeinschaft war der A-Jugend-Kreismeistertitel 1982.
Die erfolgreichste Kooperation im Seniorenbereich datiert aus den Jahren 1985 bis 1989 mit dem hessischen Nachbarn TSV Oberlistingen. In der Serie 1985/1986 wurde Herlinghausen souverän Meister der Kreisliga B. Von 30 Spielen gewann die Mannschaft 27, dreimal wurde unentschieden gespielt – es gab also keine Niederlage. Das Torverhältnis von 120:31 zeugt ebenfalls von der Überlegenheit.
Die besondere Nähe von Herlinghausen zu Hessen erklärt auch die Jugendspielgemeinschaften mit dem TSV Oberlistingen und der SG Wettesingen/Breuna in den 1990er Jahren.